Therapieverfahren

Auch wenn man theoretisch alles mit jedem der vier Richtlinienverfahren behandeln kann, gibt es dennoch Menschen, die mit bestimmten Verfahren aufgrund persönlicher Vorlieben besser zurechtkommen, als mit anderen. Diejenigen, die sich noch umfänglicher über die Kernelemente der vier Richtlinienverfahren informieren wollen, finden im Folgenden eine kleine Gegenüberstellung und Zusammenfassung.

Kognitive Verhaltenstherapie

Die Verhaltenstherapie (VT) ist – zumindest in Deutschland – mittlerweile das am häufigsten praktizierte Verfahren, da sie am besten operationalisiert und somit besser im Rahmen randomisiert kontrollierter Studien erforscht werden kann. Sie bezieht zwar auch die Biografie mit ein, meistens wird jedoch vor allem nahe am Alltag und an möglichen Verhaltensänderungen gearbeitet. Die VT geht davon aus, dass psychische Beschwerden das Ergebnis von bewussten und unbewussten Lernprozessen sind. Diese Lernprozesse gilt es zu identifizieren und ggf. zu verändern („umzulernen“). Es werden Verhaltens- und Funktionsanalysen gemacht, konditionierte Reaktionen und kognitive Fehler herausgearbeitet und systematisch hinterfragt. Die Therapien sind tendenziell etwas kürzer, manualisierte Vorgehensweisen und konkrete Übungen (z.B. in Form von Hausaufgaben, Exposition, …) werden häufiger angewandt, als in anderen Verfahren und der Therapeut/ die Therapeutin nimmt eine aktive, häufiger auch richtungsweisende Rolle ein. Dieses Verfahren könnte für Sie eventuell erfolgreicher sein, wenn Sie an möglichst schnellen Verhaltensänderungen, konkreten Übungen oder an Verbesserung in begrenzten Lebensbereichen (z.B. bei einer spezifischen Phobie) interessiert sind.

Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie

In der tiefenpsychologisch fundierten Therapie (TP) werden Krankheitssymptome als Folge (und evtl. auch als unbewusster Lösungsversuch) von aktuellen inneren und äußeren Konflikten oder von nicht bewältigten Beziehungserfahrungen aus früheren Lebensphasen gesehen. Die Biografie wird dadurch etwas mehr in die Therapie mit einbezogen, das Erleben und Verhalten aus der Gegenwart wird durch Bezüge zur Vergangenheit verständlich gemacht. Die Therapien sind tendenziell etwas länger, der therapeutischen Beziehung wird eine größere Rolle zugeschrieben, konkrete Übungen sind seltener Bestandteil der Therapie und der Therapeut nimmt eine nicht ganz so aktive Rolle ein. Ziel der Behandlung ist es, die zugrundeliegenden unbewussten Motive und Konflikte der aktuellen Symptome zu erkennen und sich mit diesen auseinanderzusetzen. Dieses Verfahren könnte für Sie eventuell passender sein, wenn Sie daran interessiert sind, sich etwas tiefer, länger und eingehender mit sich und Ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen, wenn Sie offen sind für die Idee von Symptomen als unbewusste und dysfunktionale Lösungsversuche innerer Konflike, oder auch wenn Sie das Gefühl haben, mit konkreten Übungen eher weniger zurechtzukommen.

Analytische Psychotherapie

Die analytische Psychotherapie (AP) in ihrer Reinform (Weiterentwicklungen wie z.B. die psychoanalytisch interaktionelle Therapie sind hier ausgenommen) wird mittlerweile etwas seltener angewendet. Sie ist die älteste Art der Psychotherapie, dauert länger als die anderen Therapieformen, beinhaltet meistens eine höhere Sitzungsfrequenz (eher 2-3x/ Woche) für einen Zeitraum von mindestens 2-3 Jahren und wird manchmal auch im Liegen durchgeführt. Der/ die Therapeut/in spielt eine eher zurückhaltende Rolle, stellt weniger Fragen, hält Schweigepausen länger aus und gibt Ihnen damit die Möglichkeit, tief in die eigenen Emotionen und Gedanken einzutauchen. Auch die analytische Psychotherapie nimmt an, dass Krankheitssymptome durch konflikthafte unbewusste Verarbeitung von früheren Beziehungserfahrungen verursacht und aufrechterhalten werden. Noch mehr als in der TP spielt jedoch die therapeutische Beziehung eine Rolle. Das in der Gegenwart zunächst ggf. als unverständlich erscheinende Fühlen und Handeln wird in der therapeutischen Beziehungsarbeit verstehbarer und damit veränderbar gemacht. Dieses Verfahren könnte für Sie eventuell besser geeignet sein, wenn Sie eine grundsätzliche Veränderung in vielen Lebensbereichen wünschen, wenn Sie Zeit, Geduld und psychische Ressourcen haben, wenn Sie gut selbstständig reflektieren können und für eine tiefergehende, langjährige therapeutische Beziehung bereit sind.

Systemische Therapie

Die systemische Therapie (ST) bezieht „das System“, also die Familie und Arbeits-/ Schulumgebung mehr mit in die Therapie ein. Therapien können zu mehreren (die Familientherapie wird leider nicht durch die Kassen finanziert) oder im Einzelsetting stattfinden. In der ST geht man davon aus, dass es nicht den „einen Kranken“ gibt, sondern derjenige mit der Diagnose nur ein „Symptomträger“ ist, der ein Ungleichgewicht im System verkörpert. Das festgefahrene System soll durch gezielte Interventionen verwirrt und aufgerüttelt werden. Teufelskreise werden z.B. durch provokative Fragen, Förderung von Perspektivenwechseln und einem Verständnis von transgenerationaler Delegation von Erwartungen/ Aufgaben aufgebrochen. Das Therapieziel besteht darin, dass sich das System im Anschluss aus eigener Kraft neu und ggf. besser organisieren kann.